Nadine Arbeiter beschäftigt sich in ihrer Ausstellung „Sammlung Travelmann“ mit Kunst im Stadtraum von Münster, ein Thema das 2007 zum 4. Mal seit 1977 mit den „Skulptur Projekten“ ganz im Zentrum der Aufmerksamkeit einer internationalen Kunstöffentlichkeit stand. Allerdings wendet sie sich solchen Skulpturen im Stadtraum zu, die gewöhnlich nicht Eingang in den avancierten Diskurs um Kunst im öffentlichen Raum finden. Sie beschäftigt sich nämlich mit denjenigen, die nahezu unsichtbar überall in der Stadt herumstehen. Meist figurative Plastiken in Stein oder Metall wie z.B. Arnold Schlick, „Spiekerhofgänse“, 1953, Rudolf Breilmann, „Aaseeschwäne“, 1967 oder Friedrich Gräsel, „Abluftplastik“ aus den 1970er Jahren. Sie recherchierte und fotografierte die Skulpturen und übersetzte sie anschließend in Zeichnungen. Die Zeichnungen dieser Arbeiten übertrug sie mit Lack auf MDF Platten, die Silhouetten schnitt sie aus. Mit Hilfe einfacher Ständer wurden sie in Gruppen im Wewerka Pavillon aufgestellt und traten so miteinander in einen Dialog.
Nadine Arbeiter transformierte massive Stein- und Metallskulpturen in flache bunte Silhouetten, die beiläufig im Pavillon zusammen stehen. Sie hinterfragt damit die Kanonisierung von Avantgardekunst im öffentlichen Raum, den Diskurs um Skulptur im Stadtraum von Münster, den man auch als hegemonial betrachten könnte. Mit dem Titel „Sammlung Travelmann“ kreierte Nadine Arbeiter eine fiktive Sammlung, die sie mit einem typisch Münsteraner Familiennamen in Verbindung brachte und entwarf ein fiktives Archiv, einen utopischen Ort, an dem die zitierten Arbeiten eine neue Bewertung erfuhren. Ich denke, man kann diese Arbeit auch als bildhauerische Geste verstehen, die existierende Arbeiten im öffentlichen Raum zitiert, recycelt, umdeutet, ihres Kontextes und ihrer Historizität befreit und als frei verfügbare Formen im Wewerka Pavillon gruppiert. Nadine Arbeiter ironisiert den Kunstbetrieb und seine institutionellen Vereinbarungen, das Verhältnis von Diskurswürdigkeit und öffentlicher Aufmerksamkeit und macht, wie Kunst das so oft tut, das Unsichtbare sichtbar. Zugleich verweist sie damit auf Phänomene einer Geschichte alltäglicher Nutzungen des Stadtraums jenseits angesagter Diskussionen und medialer Aufmerksamkeit. (Hildegund Amamnshauser)